Urheberrecht - bald Auskunft ohne Richterbeschluss?

  • Der Richtervorbehalt beim geplanten zivilrechtlichen Auskunftsanspruch von Urheberrechtsinhabern und -verwerten gegenüber Internet-Providern soll fallen. Das forderten bei einer Veranstaltung des Instituts für Urheber- und Medienrecht in München Vertreter verschiedener Verbände von Rechteinhabern. Im Rahmen der weiteren Novellierung des Urheberrechts und der Umsetzung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sollen hierzulande auch indirekt an Rechtsverletzungen beteiligte Dritte verpflichtet werden, die Identität von Verdächtigen preiszugeben. Die Schaffung eines solchen Auskunftsanspruchs etwa gegen Internetprovider gehört seit langem zu einem der am heftigsten umkämpften Punkte bei der Anpassung des Urheberrechts an die digitale Gesellschaft. Das Gesetzesvorhaben soll es Konzernen etwa aus der Musik- und Filmindustrie einfacher möglich machen, in zivilrechtlichen Verfahren gegen illegales Filesharing vorzugehen.


    "Die Erteilung der Auskunft nur mit Richtervorbehalt ist in der EU-Direktive [zur Durchsetzung des geistigen Eigentums] nicht zwingend vorgesehen," sagte nun Peter Zombik, Geschäftsführer der Deutschen Landsgruppe der IFPI. Die Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten müsse rasch umgesetzt und die so gespeicherten Daten dann auch für die zivilrechtlichen Auskunftsansprüche verfügbar gemacht werden.


    Genau wegen solcher Begehrlichkeiten der Medienindustrie hatten unter anderem die europäischen Datenschützer Bedenken angemeldet. Und Hannes Federrath vom Lehrstuhl "Management der Informationssicherheit" an der Universität Regensburg schrieb den Vertretern der Rechteinhaber auf der Münchener Veranstaltung ins Stammbuch: "Was Sie hier verlangen, das bekommen nicht einmal diejenigen, die die Konsumenten von Kinderpornographie verfolgen."


    Zombik und seine Kollegen aus dem Bereich der Film- und Musikindustrie wehren sich allerdings sogar gegen die Beschränkung der Auskunftspflichten auf "Piraterie" im "gewerblichen" Ausmaß. Dies werde die Verfolgung von Tauschbörsennutzern unmöglich machen; eine solche gewerbliche Nutzung sei gerade bei der Verwendung dynamischer IP-Adressen schwer nachweisbar. Thilo Gerlach, Geschäftsführer der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), betonte, die Anforderung, nach der eine gewerbliche Nutzung gegeben sein müsse, passe überhaupt nicht zu dem eigentlichen Ziel, das man mit dem Auskunftsanspruch erreichen wolle. Bei den Tauschbörsen gehe es ja gerade um die Nutzungsintensität, nicht um den gewerblichen Charakter. "Für den Rechteinhaber ist es doch egal, ob eine Million Nutzer eine Datei anbieten oder einer eine Million Dateien", sagte einer der anwesenden Anwälte. Durch den Anspruch der "Gewerblichkeit" komme die im Gesetzentwurf für die weitere Urheberrechtsnovellierung gekippte Bagatellklausel für private Kopien aus illegalen Quellen durch die Hintertür wieder.


    Keinen leichten Stand hatte Franziska Raabe, Referentin im Bundesministerium der Justiz, die die Bestimmungen über Richtervorbehalt, Gewerblichkeit und die "Offensichtlichkeit" des Urheberrechtsverstoßes verteidigte. Der Richtervorbehalt sei verfassungsrechtlich geboten, lautete ihre Begründung. "Die Verfassungsrechtler im Ministerium sehen in der Auskunftspflicht einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis", betonte Raabe. Da also eine schwierige Abwägung gemacht werden müsse, habe man sich für den Richtervorbehalt entschieden: Erst wenn ein Richter grünes Licht gegeben habe, dürften Rechteinhaber oder deren Vertreter wie die IFPI vom Provider verlangen, dass er die Bestandsdaten – also Name und Adresse – eines Kunden herausgibt, der zu einer bestimmten Uhrzeit unter einer bestimmten IP-Adresse im Netz unterwegs war und dem Verstöße gegen das Urheberrecht vorgeworfen werden.

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